Sonntag, 18. Januar 2015

Mitte Januar im Regenwald

Hallo aus dem Regenwald



Zur Zeit macht der Wald seinem Namen alle Ehre, es regnet immer wieder. Eigentlich sollte der Januar eher warm und trocken sein. Wir haben alle Mühe, die Wäsche trocken zu bringen und sind auf der Hut vor dem Schimmel! Es kam sogar vor, dass wir in letzter Zeit einen Pullover anziehen mussten.
Die Schule hat nach den Weihnachtsferien wieder begonnen. Doris und ich sind nun hauptverantwortlich für den Deutschunterricht. Es läuft eigentlich ganz gut, wenn auch das hiesige Verständnis für das Lernen einen Schulstoffes ein ganz anderes ist. Dazu dann später mal mit mehr Details aus der Schule geplaudert...


354 Dollar ist der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn in Ecuador fürs 2015. Wir fragen uns oft, wie die Leute hier damit auskommen. Eine Busfahrt von unserem Wohnort nach Tena (Dauer 1 Stunde) kostet für unsere Familie zwar nur 6 Dollar, im Verhältnis zu den Löhnen ist das aber für die Leute hier eine beträchtliche Ausgabe. Ein Mittagsmenü kostet um die 3 Dollars, also ein knappes % des Lohnes. Relativ günstig sind hiesige Produkte, z.B. Reis, Bananen, Bohnen. Milchprodukte sind (Bsp. Joghurt: 1,75 Liter zu 5 Dollar) Luxus! Wir sehen uns auch immer wieder mit mehr oder weniger konkreten Formen von Mangel oder Armut konfrontiert:

An der Schule merken wir, dass die Kinder häufig hungrig sind. Viele kommen wohl ohne Frühstück. Wie wichtig ist da die Pausen-Colada. Wenn diese ausfällt, weil die Vorräte aufgebraucht sind und die neuen Lieferungen ausstehend sind, wird es ungemütlich. Nehmen wir mal einen Kuchen mit (z. B am Dreikönigstag) wird der bis zum letzten Krümel verschlungen. Oder wenn zu viele Bananen zuhause miteinander reif werden, und wir nicht mehr nachkommen mit Bananen verzehren: Zur Schule bringen, aufteilen und.. schwups weg ist alles. Und das in Ecuador, Bananen-Exporteur Nr. 1 weltweit...

Als Lehrpersonen erfahren wir von schwierigen familiären Situationen. Was dann zu tun ist, bleibt die entscheidende Frage. Genau wie in der Schweiz. Wobei hier das Anzapfen staatlicher Leistungen, Institutionen oder Gelder sehr viel schwieriger bis unmöglich ist. Da ist es nahegliegend, dass uns Schweizern die Frage gestellt wird, ob wir einen Support leisten könnten. Ob dieser dann nachhaltig ist oder nicht, ist die eine Frage, die andere ist der knurrende Magen von Kindern, die wir morgens darauf wieder in unseren Klassen unterrichten sollen.

Oder wir lernen einen Handwerker kennen, der in unserem Haus tätig ist. Mir fällt auf, dass er hinkt. Beim Mittagessen fragt er mich, ob wir nicht ein Schmerzmittel für sein verletztes Knie hätten. Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass ihm in den centro de salud (den Gesundheitszentren) gratis Behandlung und Medikamente zur Verfügung stehen. Er fragt mich auch, ob ich seinen älteren Kindern einen finanziellen Zustupf geben könnte. Es fehlt an Geld, um den Übertritt an die nächsten Schulen zu ermöglichen. (Die Eltern bezahlen hier für die Schuluniform, die obligatorischen Lehrmittel sowie die Verpflegung an der Schule). Daneben braucht der älteste Sohn dringend eine Brille um seine Ausbildung als Mechaniker aufzunehmen. (Moment mal, wie viele Ecuadorianer habe ich schon mit einer Brille gesehen?) Ich versuchte ihm zu erklären, warum auch wir .... und jetzt kommt wohl das Bekannte... nicht die ganze Zeit geben können, da auch wir, unsere Ausgaben, unsere Kosten zu Hause haben...
3 Tage später stand seine Familie dann vor unserem Haus, dabei auch die 17-jährige Schwiegertochter mit Baby. Wenn wir wieder nach Tena fahren, machen wir bei ihrem Haus einen Stopp und schauen uns mal vor Ort ihre Situation an.

Wer sich von diesen Schilderungen angesprochen fühlt, und einen Batzen spenden möchte, teilt uns das bitte in einer Mail mit. Wir würden euch dann möglichst konkret schildern, wofür die Dollars investiert wurde, wie zum Beispiel: Anteil an Brille des zukünftigen Automechanikers. (Wobei wir nach Möglichkeit beim Kauf dabei sind.) Tja, wir schlucken schon manchmal tief durch, angesichts der teils doch grossen Bedürfnisse. Zum Glück haben wir Zeit die Leute auch in ihrem Alltag kennen zu lernen...



Das ist ein Ceibo, ein sehr grosser Baum hier in der „selva viva“. Wir haben ihn bei einer Führung kennen gelernt. Der Riese ist rund 60 Meter hoch und über 150 Jahre alt. Das Spezielle sind seine weit ausragenden Bretterwurzeln, die für die Stabilität des Baumes sorgen. Aus dem harten Holz der Brettwurzeln werden stark beanspruchte Alltagsgegenstände fabriziert. Das Stammholz hingegen ist wenig dauerhaft.

Ende Januar zügeln wir für einen Monat in das Lehrerhaus direkt im AmaZOOnico. Während dieser Zeit ist die Projektverantwortliche vor Ort und bewohnt ihr neues Haus.
Wir wünschen euch weiterhin alles Gute sowie warme Kappen und Handschuhe für den Winter.

Manchmal hätten wir auch Lust auf Ski fahren und freuen uns dann wieder an frischen Erdbeeren und Spargeln...