Wie begehrt Essen sein kann, zeigen einige Episoden:
Unseren Pausenapfel essen wir im Geheimen. Wenn wir mit einer
solchen Frucht über die Schulwiese laufen, haben wir sofort ein Häufchen Kinder
um uns, die mitessen wollen. Dasselbe gilt für Brot, einen Keks..
Wir haben im Haus immer einen grossen Strunk Bananen.
Manchmal sind einfach zu viele miteinander reif und wir nehmen die Früchte mit
in die Schule. Aufteilen, bekommen alle ein Stück? Und schwups und weg ist
alles. Oder wir nehmen die Bananen in den öffentlichen Bus mit, bieten an und
dasselbe wie in der Schule passiert.
In Ahuano essen wir am Rio Napo gemütlich im Schatten eines
Kanus unser Picknick. Ich frage Livia auf Spanisch ob sie etwas Brot wolle. Der
Kanufahrer fühlt sich angesprochen und isst auch mit. Den verbliebenen
Teigwaren-Salat nimmt er dankbar entgegen. Bleibt etwas im Haus übrig,
verzehren dies die Handwerker noch so gerne.
Die Colada, die Pausensuppe, die immer bis auf das letzte
Körnchen aufgegessen wird. Zur Colada gibt’s granola, eine Art
Birchermüesli-Mischung. Eine Lehrperson verteilt sie in die Hände der Kinder.
Haben alle schon bekommen, denn es werden nur 2 Säcke verteilt. So schaut man
den Kindern in den Mund und hat rasch eine Antwort.
Haben unsere Schulkinder Hunger? Einige Kinder kommen ohne
Frühstück in die Schule. Somit ist die Pausenverpflegung um halb zehn sehr
wichtig, denn der Schultag bis um 13 Uhr ist lang und mit leerem Magen lernt
man nicht gut. Zurzeit warten wir auf die Essenslieferungen, welche der Staat
leisten müsste. Das heisst es gibt keine Colada. In einer Minga, einer
Veranstaltung der Eltern wurde das Problem erörtert und folgende Lösung
gefunden: Bis die nächste Lieferung eintrifft, ist gemäss einem festgelegten
Turnus täglich eine Familie für das Kochen der Pausensuppe zuständig. Wir sind
erstaunt, wie gut das klappt.
Die Verpflegung der Kinder zu Hause schätzen wir so ein: Die
Kinder bekommen genügend Kalorien, die Nahrung ist aber einseitig. Yucca,
Bananen und Reis, dazu manchmal Huhn und je nach Fangglück etwas Fisch, Papayas
und manchmal Orangen, selten Ananas. Weitere Gemüse und Früchte sind selten bis
nie anzutreffen. Yucca wird häufig zu Chicha verarbeitet: Zu Beginn ist dieses
Getränk leicht süsslich, wie ein Joghurt. Mit jedem Tag nimmt dessen
Alkoholgehalt zu und ähnelt mehr oder weniger starkem Bier. Chicha wird von
Menschen hier viel getrunken, zur Arbeit, beim Fest, oder ausschliesslich
Chicha, wenn’s gar nichts Anderes hat. Wir meinen, die Kinder haben im
Allgemeinen einen leicht aufgeblähten Bauch. Ist das die einseitige Ernährung?